Geschrieben von Coup
am 06. September 2005 13:13:23:
Als Antwort auf: Lieber Hoffy, geschrieben von Michael B. am 06. September 2005 10:26:04:
Aus der Welt:
Erste Berliner melden Auto ab
Ein Liter Super kostet bundesweit im Schnitt 1,43 Euro - An den Zapfsäulen herrscht blanke Wut
von I. Jürgens, A. Puppe und S. Pletl
Ein Liter Super kostet bundesweit im Schnitt 1,43 Euro. Auch wenn die Preise gestern leicht fielen: An Zapfsäulen herrscht blanke Wut: "Sprit ist unverschämt teuer", ärgern sich Autofahrer. Sie fühlen sich wehrlos und lassen den Wagen so oft es geht stehen. Damit nicht genug: Die ersten melden ihr Auto ab.
Berliner lassen vermehrt das Auto stehen, nutzen statt dessen Bus und Bahn. Damit liegen sie im Bundestrend: Nach dem Sieben-Monats-Vergleich des Verbandes für Mineralölwirtschaft ist der Benzinabsatz in Deutschland 2005 um fünf Prozent zurückgegangen. Diesen Trend bestätigt Sigrid Pook, Geschäftsführerin beim Bundesverband Tankstellen: "Es wird weniger Auto gefahren und vor allem nicht mehr vollgetankt."
In einer - nicht repräsentativen - Umfrage der Morgenpost berichten Berliner übereinstimmend, daß sie ihr Auto häufiger stehen lassen, Einkäufe und Besorgungen zu Fuß erledigen, für Ausflüge auf die Bahn umsteigen. Einer von ihnen ist Frank Philipp aus Marzahn. Für den 25 Jahre alten Klempner "ist die Schmerzgrenze erreicht. Ich lasse meinen Käfer jetzt so oft es geht stehen."
Mit dieser Entscheidung ist er kein Einzelfall. Die 35 Jahre alte Krankenschwester Beate Schauer aus Wilmersdorf nutzt ihren Wagen inzwischen nicht einmal für Fahrten zum Dienst: "Das kann ich mir nicht mehr leisten." Sie ist - trotz Abend- und Nachtschichten - umgeschwenkt auf einen Linienbus. Die 41 Jahre alte Suaad Balke ist noch weiter gegangen: Sie hat gestern kurzentschlossen die Schilder von ihrem Mazda abmontiert und den Wagen in der Kfz-Zulassungsstelle abgemeldet. "Das Auto verbraucht im Stadtverkehr 15 Liter, das ist nicht mehr bezahlbar." Am Wochenende habe sie für ihren "Spritfresser" 1,48 Euro pro Liter Super zahlen müssen: "Jetzt ist Abschied angesagt!"
Bei den Schilderhändlern und Versicherungsdiensten an der Jüterboger Straße laufen die Geschäfte deutlich schlechter als gewohnt. Das merkt man auch im Laden von Reinhard Rietzler, gegenüber des Haupteingangs der Behörde. "Wir haben deutlich weniger Anmeldungen. Die Leute warten auf bessere Zeiten."
Die enormen Spritpreise und auch die hohe Arbeitslosigkeit in Berlin spielten eine entscheidende Rolle. "Viele Berliner warten die nächsten Wochen ab, schauen wie sich die Preise dann entwickeln."
Besonders hart trifft es die Berufspendler, die täglich mit dem Auto zur Arbeit müssen. "Ich möchte einmal in meinem Leben eine solche Steigerung beim Gehalt erleben, wie derzeit die Spritpreisen klettern", sagt Manfred Noack. Er muß als Techniker täglich von Lichtenberg ins rund 40 Kilometer entfernte Müncheberg. Die Benzinpreis-Explosion der vergangenen Wochen kostet ihn im Monat deutlich mehr als 100 Euro zusätzlich. Die Folge: Ausflüge mit der Familie ins Umland sind gestrichen. Wie viele andere Berliner nutzt die Familie von Noack statt dessen Bus und Bahn.
BVG-Sprecherin Petra Reetz spricht deshalb auch von "überraschend guten Zahlen. Im Vergleich zum August 2004 haben wir im vergangenen Monat acht Prozent mehr Einzelfahrscheine verkauft", berichtet sie.
Artikel erschienen am Di, 6. September 2005