Geschrieben von Beule am 29. Juli 2003 03:51:59:
Als Antwort auf: Re: Ausmontieren und geschrieben von Paul am 28. Juli 2003 23:18:00:
Moin, MOin.
Müßte bei der Pagode sehr ähnlich sein. Ich hab ihn mit nem Hammer wieder zusammen gebaut. Jetzt läuft er seit 500km fehlerfrei.
MfG
Beule
Strichacht-Kilometerzähler
von Ingo Hoffmann
Zu den unbestrittenen Vorteilen eines Mercedes-Benz /8 gehört zweifelsfrei seine reichhaltige Ausstattung. Da wäre zum Beispiel der Tachometer zu erwähnen. Mit seiner zeitlosen Eleganz und großen Funktionalität ist es eine wahre Freude ihn anzuschauen. Gerade die Kilometeranzeigen, die sich graziös in die runde Form der Nadelstreifenoptik einfügen, sind ein immer wieder gern gesehener Blickfänger. Auch die Funktion, die ja in zwei Teile gegliedert ist (in einen fünfstelligen Kilometerzähler und einen vierstelligen Tageskilometerzähler), überrascht durch Genauigkeit und Zuverässigkeit.
Foto1: "Der Tacho von oben. Die Hauptwelle ist herausgeklopft, der verwendete Schraubenzieher hält die gesicherten Zahnrollen."
Was aber nun, wenn den verwöhnten /8-Fahrer dieser, eben noch so schwelgerisch beschriebene Luxus plötzlich verläßt, und er, gerade als Dieselfahrer, nicht bei jedem Tanken freudig den Tageskilometerzähler zurückstellen kann, um dann genüßlich den mageren Durst und den niedrigen Dieselpreis zu einer verschwindend geringen Summe anlaufenden Kosten zu vereinen? Was für ein verdutztes Gesicht kann man erwarten, wenn der Tageskilometerzähler nach dem Tanken und vor dem Zurückstellen leider immer noch vier Nullen aufweist und auch der große Kilometerzähler die Laufleistung in Richtung auf den nächsten Kundendienst so gar nicht dokumentieren wollte? Aber auch nicht teurer als 23 Pfennig. So viel (schlimmstenfalls ein harmloses Vielfaches davon) kostet nämlich ein Anruf bei einem Typreferenten, der diese und ähnliche leidvolle Erfahrungen schon durchlebt und überwunden hat. Schon nach wenigen Worten der Fehlerbeschreibung wurde das Problem erkannt und eine exakte Reparaturanleitung gegeben. Da die ganze Sache so einfach war, daß sogar ich sie verstanden habe, dachte ich mir, daß vielleicht noch andere /8-Fahrer ähnliche Sorgen haben und habe deshalb diesen Beitrag verfaßt.
Foto2: "Die Welle muß an der Stelle, auf die der Schraubenzieher zeigt, bearbeitet werden."
Als erstes muß natürlich der Tacho ausgebaut werden. Dazu die Fußraum-Verkleidungs-Pappe(n) auf der Fahrerseite entfernen und von hinten die Rändelmutter der Tachowelle lösen. Danach das Kombiinstrument vorsichtig herausdrücken. (Lenkradautomatic auf "P" stellen und an der Bremspedalstrebe in Fahrtrichtung hinter der Rückholfeder den Halter des Ganganzeigenbowdenzugs suchen; am Drahtseil ziehen und die Öse aus dem Haken an der Schaltstange in der rechten Hälfte der Lenksäule aushängen; den Bowdenzug seitlich aus dem Halter herausnehmen.) (Holzarmaturenbrett mit einem Tuch o.ä. schützen, damit es nicht vom Helligkeitsregler der lnstrumentenbeleuchtung zerkratzt wird.) (mechanisches Temperaturanzeigeinstrument vorsichtig an Ort und Stelle aus dem Kombiinstrument ausbauen.) Öldruckanschluß lösen, Hauptstecker und Lichtleiter (ab Serie 1) abziehen. An einem geeigneten Arbeitsplatz, an dem keine Kleinteile verlorengehen können, lassen wir nun unserem Schraubtrieb freien Lauf und zerlegen das Kombiinstrument in seine Bestandteile, denn die Gelegenheit zu einer Grundreinigung ist günstig. Mit geputzten Birnchen und Gläsern (sogar die lassen sich problemlos ausbauen!) und einem überholten bzw. erneuerten Helligkeitsregler hat man eine wahrhaft ungetrübte Fahrfreude.
Doch zurück zum Thema. Das Zählproblem beruht auf einem durchrutschenden Zahnrad. Betroffen ist das graue Gußmetallzahnrad auf der Hauptkilometerzählerwelle, die wir nun ausbauen dürfen. Dazu schaffen wir erstmal etwas Platz und schrauben den großen Blechdeckel an der Tachorückseite ab und biegen die Blechlasche auf der Seite des Messingzahnrads aus dem Weg (auf keinen Fall mehr abbauen, das Instrument ist hochempfindlich!). Als Vorsichtsmaßnahme klebt man einen Streifen Klebeband über die Zahlenrollen, damit sich der Kilometerstand, den man sich trotzdem merken oder notieren sollte, nicht verstellt. Die Welle wird nun von der Seite des Gußrads aus vorsichtig mit einem Schraubendreher (oder etwas eleganterem) und einem kleinen (!) Hammer herausgeklopft. Jetzt müßte man eigentlich eine Welle in der Rand haben, die auf der einen Seite ein Zahnrad hat. Wenn nicht, dann hinlegen, eine Nacht drüber schlafen, und am nächsten Tag von vorn beginnen... War man bis hier erfolgreich, ist es an der Zeit die Welle in dem Bereich wo hinterher das Gußrad sitzen und nicht drehen soll zu bearbeiten. Man kann sie mit einer Wasserpumpenzange etwas zusammendrücken und mit einer Feile oder einem kleinen Meißel Längsrillen anbringen. Danach folgt der berühmte "Einbau in umgekehrter Reihenfolge".
Sollte Murphy dabei gnadenlos zuschlagen und die Kilometerzahlen durcheinanderwürfeln, keine Panik, Augen zu und fertig zusammenbauen. Anschließend die Nebenwelle mit den kleinen Zahnrädern von der Seite des darüberliegenden Messingrads aus durchklopfen (Verquetschung vorher reduzieren) und diese Welle etwas von den Zahlenröllchen abheben, die sich dann leicht wieder in die originale Position drehen lassen (danach Rädchen und Welle wieder einhängen und Verquetschung wieder herstellen).
Beim sonstigen Rückbau muß man vor allen Dingen beachten, daß die Reglerverbindungen der Tageskilometerzähler-Rückstellung und der Helligkeitsregulierung sauber einrasten und der Öldruckmesseranschluß gut festgezogen ist.
Als dann volltanken, auf Null stellen und ausgiebig Probe fahren!
Ingo Hoffmann