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Ein erster Bericht aus Tunesien ... 15 Jahre 5 Monate her #102502

  • Robert_D
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Hallo zusammen!



So wie Michael offenbar gerade wieder in die europäische Kältestarre zu verfallen droht, so habe ich erst noch ein paar Tage gebraucht, um meine Schockstarre zu überwinden ...



Es stimmt: ich habe unterwegs reichlich getippt - immer dann, wenn meine Hände kurzzeitig mal aufgehört haben zu zittern.

Das kam allerdings nur sporadisch und kurzzeitig vor, denn nur allzu bald mußte ich bereits wieder todesverachtend ins Auto steigen und dem nahezu sicheren Tod ins Auge blicken.



Demzufolge befaßt sich mein bislang fertiggestellter Bericht fast ausschließlich mit den dortigen Verkehrsverhältnissen - wobei ich mich im nachhinein frage, warum ich so viele Worte darum gemacht habe, schließlich läßt sich der tunesische Verkehr so gut in einem einzigen Wort zusammenfassen: AMOK!



Hier dann also mein erster Eindruck:



***********



Das Abenteuer nahm seinen Anfang beim Ausschiffen in Tunis.

Auf der Fähre begann eine wüste Rangiererei, die als eindeutiger Beleg für die Richtigkeit der Entropietheorie dienen konnte, begleitet von wüsten aus allen Autodecks gleichzeitig auftönenden Hupkonzerten.

Die Autos standen so dicht gedrängt in den Decks, daß wir tatsächlich erst in das Auto gelangen konnten, als die Spur neben uns geräumt war. Michael konnte also endlich einsteigen und mußte den Kombi nun erst einmal von der Bordwand wegsetzen, damit auch wir Passagiere ins Auto hineinkommen konnten - doch allein das dauerte dem Einweiser offenbar schon zu lang, und er trieb uns fortwährend zum Verschwinden an.

Gemach, Freund, gemach!



Kaum hatten wir die Fähre verlassen, bekam ich einen ersten Vorgeschmack davon, was es heißt, in Tunesien Auto zu fahren: waren wir beim Verlassen der Fähre noch ordentlich auf fünf Fahrspuren aufgereiht worden, begann bereits wenige hundert Meter später das totale Chaos.

Hier mußten nämlich alle Autos durch ein Tor hindurch, welches gerade einmal breit genug war, um EIN Auto hindurchzulassen - aber noch nicht einmal zwei gleichzeitig, geschweige denn fünf!

Diese Tatsache veranlaßte aber keinen der einreisenden Tunesier, es nicht dennoch zu versuchen, und so kämpften mehrere hundert zu allem entschlossene Nordafrikaner um jeden Zentimeter Asphalt, wichen niemals zurück und hupten und gestikulierten, als könnten sie allein durch Ausdruck ihres Willens die anderen Fahrzeuge vor, neben und hinter sich dazu bewegen, sich sogleich in Luft aufzulösen - und wir staken mitten darin!

Michael stürzte sich furchtlos ins Getümmel, focht unbeirrt mit und erkämpfte sich ebenfalls Zentimeter für Zentimeter des Weges nach draußen, während ich auf dem Beifahrersitz zum ersten (aber lange nicht letzten) Mal mit der blanken Panik zu kämpfen hatte.

Hätte ICH dort am Steuer gesessen, das Auto stünde noch heute dort auf dem Fähranleger, soviel ist sicher!



Kaum hatten wir dieses Nadelöhr passiert, ergossen sich die Fahrzeuge wiederum wild über alle vorhandenen, vermuteten, erhofften und nicht wirklich vorhandenen Fahrspuren, hin zum ersten Kontrollpunkt.

Nachdem hier die Pässe kontrolliert wurden, fuhren wir - diesmal ganz ohne Stau und Gedränge, da die Kontrollposten die Fahrzeuge lediglich in homöopathischen Dosen passieren ließen - zum nächsten Abfertigungspunkt.

Hier galt es nun, das Auto selbst abfertigen zu lassen, sowie eine Versicherungspolice für die Dauer des Aufenthaltes abzuschließen. Die meisten deutschen Autoversicherer haben Tunesien aus der grünen Versicherungskarte herausgestrichen, und ich hatte bereits eine gewisse Ahnung, wieso ...



Diese weitere Abfertigung funktionierte dann geradezu überraschend schnell, bereits nach 20 Minuten durften wir weiterfahren. Ob das wohl an dem verlangten (und anstandslos bezahlten) Bakschisch lag? Und wann wären wir dort wohl weitergekommen, wenn wir NICHT gezahlt hätten???



Von hier aus ging es nun zum dritten und letzten Kontrollpunkt, vorbei an anderen Mitreisenden, die weniger Glück bei der Zollkontrolle hatten: hier standen einige Fahrzeuge, die gerade komplett ausgeräumt wurden, um sie eingehender zu kontrollieren.

Ich werde allerdings wohl nie begreifen, wie man drei komplette Motorroller, mehrere Kubikmeter Koffer, Taschen, Tüten und Pakete, sowie drei Personen gleichzeitig mit einem einzigen Citroen Berlingo transportieren kann! Der Fahrer des Autos fand es allerdings offenbar auch nicht mehr heraus, denn als er die bei der Abreise offenbar sorgfältig (und scheinbar unter Zuhilfenahme einiger weiterer bislang unentdeckter Dimensionen) verstaute Ladung nun in aller Eile wieder in und auf das Fahrzeug zurückgestopft hatte, mußten die beiden Mitfahrer anschließend zu Fuß neben dem Wagen herlaufen.



Auf dem Weg zum letzten Kontrollpunkt durfte ich auch ein weiteres Mal feststellen, daß die Anzahl der benutzten Fahrspuren in keinerlei Zusammenhang mit den weißen Markierungen auf der Fahrbahn steht: diese gelten für den durchschnittlichen Tunesier offenbar nur als überflüssige und unnötige Straßenmalerei.

Wenn drei Autos nebeneinanderpassen, dann FAHREN dort auch drei Autos - auch wenn sie ständig drohen, sich gegenseitig die Außenspiegel abzufahren (aber das macht auch gar nichts, denn Spiegel benutzt dort beim Fahren ohnehin niemand).





Tja, das Autofahren in Tunesien ...

Nun, im Reiseführer heißt es zu diesem Thema: "die Tunesier haben einen 'flotten' französischen Fahrstil, fahren nicht immer vorschriftsmäßig, aber umsichtig".

Ganz ehrlich: davon ist kein Wort wahr!

Ich bin in meinem Leben schon einige tausend Kilometer durch Frankreich gefahren - und sehnte mich bereits nach sehr kurzem Aufenthalt in Tunesien nach dem vergleichsweise friedlichen ruhigen und absolut vorschriftsmäßigen Verkehr am Kreisverkehr um den Pariser Arc de triomphe zurück!



Wenn man partout einen Vergleich zum Verkehr in Frankreich ziehen will, dann allenfalls so:

könnte man



- die 100 bösartigsten, gefährlichsten und wahnsinnigsten Taxifahrer aus Paris nehmen (und Paris verfügt über eine wahrlich erlesene Auswahl

- sie mehrtausendfach klonen, bis man die Gesamtzahl der tunesischen Auto-, LKW- und Mopedfahrer erreicht hat

- 95% davon mit einer Überdosis Extacy und die verbleibenden 5% mit reichlich Valium vollpumpen

- die am übelsten zugerichteten Wracks sämtlicher Schrottplätze Italiens, Frankreichs und Spaniens mit den allergeringsten Mitteln wieder irgendwie dazu zu bringen, sich aus eigener Kraft zu bewegen



und dann diese Horde von durchgedrehten Irren in den rollenden Schrott setzen und zu rufen "los gehts!" - nun dann hat man zumindest eine gewisse Ahnung, was hier vor sich geht!



...

(Fortsetzung folgt - wegen Längenbeschränkung im Forum)
Wer ist eigentlich 'General Failure', und warum liest er meine Festplatte?

Ein erster Bericht aus Tunesien - Teil 2 15 Jahre 5 Monate her #102503

  • Robert_D
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(nun geht es weiter)

...





Dabei könnte alles so schön sein: es gibt vierspurige Autobahnen, vier-, manchmal sogar sechsspurige Straßen in den Städten und als Landstraßen, und sie sind größtenteils in einem sehr guten Zustand.

Es gibt Ampeln, Kreisverkehre mit zwei, manchmal sogar drei eingezeichneten Fahrspuren, und nicht mehr unklar geregelte Vorfahrtsverhältnisse als in Deutschland auch.

Aber was machen die Tunesier daraus?

Sie scheren sich einen Dreck um rote Ampeln, nehmen bei einem dreispurigen Kreisverkehr trotzdem stets die kürzeste Verbindung zwischen Ein- und Ausfahrt ohne sich auch nur im Geringsten um ein etwa auf einer der anderen zwei Spuren befindliches Fahrzeug zu scheren, fahren bei zwei vorhandenen Fahrspuren generell in der Mitte beider Fahrbahnen, so daß kein anderes Auto passieren kann (hupen aber selbst vehement, falls ihnen selbst mal ein anderes Fahrzeug auf diese Weise den Weg versperrt), und kümmern sich auch ansonsten in keinster Weise um irgendeine Möglichkeit, den Verkehr auch nur einen Hauch erträglicher und sicherer zu machen.

Das Wort 'Sicherheitsabstand' ist für den Tunesier eine ebenso fremde Theorie wie der Gedanke, daß zum Überholen auch ausreichender Platz vorhanden sein muß.

Dies gipfelt dann regelmäßig darin, daß im Kolonnenverkehr ein jeder Europäer zwangsläufig nach hinten weitergereicht wird, denn wenn ein Fahrer einen Abstand von mehr als einer Wagenlänge zu seinem Vordermann einhält, dann fühlt sich jeder nachfolgende Tunesier geradezu dazu verpflichtet, diese Lücke mit seinem eigenen Fahrzeug zu schließen.

Dies führt dann zu einer unablässig fortgesetzten Kette von waghalsigsten Überholmanövern, die den Gegenverkehr regelmäßig zu Vollbremsungen bis hin zum Stillstand zwingt.

Sollte der Verkehr aber so dicht sein, daß ein Überholvorgang überhaupt nicht möglich ist, dann reizt die vorhandene Lücke manch einen Fahrer sogar so sehr, daß er nach rechts auf den geschotterten Randstreifen hinauszackt, dort mit Vollgas überholt, um dann vor einem mit einer harten Bremsung wieder einzuscheren - und all das wird dann noch untermalt durch unflätigste Gesten und lautes Gebrülle aus dem offenen Fahrzeugfenster.

Vergrößert man dann den Abstand zu diesem Wahnsinnigen auf das allernötigste Mindestmaß, vollzieht der nächste nachfolgende Geistesgestörte das nächste Überholmanöver, und der übernächste, und der darauf folgende ebenso ...



Aber selbst wenn der Tunesier hinter einem darauf besinnen sollte, daß man bei unablässig heranströmendem Gegenverkehr besser nicht überholen sollte, so hindert ihn das noch nicht daran, bis auf eineinhalb Meter auf das eigene Fahrzeug heranzufahren, und wenn man dann einmal durch leichtes Antippen der Bremse darauf hinzuweisen versucht, daß ein wenig mehr Abstand wünschenswert wäre, dann quittiert der Windschattenfahrer das mit ebensolchen Gesten und Verbalinjurien wie beim Überholen.



Wenn ein Tunesier beschließt, anhalten zu wollen, dann tut er das - egal wo oder in welcher Verkehrssituation er sich gerade befindet. So kann es sein, daß ein Überlandtaxi einen gerade eben überholt hat und noch beim Einscheren bereits eine Vollbremsung hinlegt, um einen Fahrgast aussteigen zu lassen.

Es kann auch sein, daß ein Fahrer den Wunsch auf ein Abendessen verspürt, oder nur eben eine Schachtel Zigaretten kaufen möchte - und er bleibt auf der Stelle dort stehen, wo er gerade ist!

Das kann mitten in einem Kreisverkehr sein - auf der innersten Spur ebenso wie exakt in der Ein- oder Ausfahrt des Kreisels, es kann auch auf einer mehrspurigen innerstädtischen oder Landstraße sein, und auch hier auf jeder nur denkbaren Spur - oder auch mittig auf beiden verfügbaren Fahrbahnen.

Was der Verkehr hinter ihm macht, ist dem Fahrer schon aus Prinzip völlig gleichgültig.



Will ein Tunesier jedoch gerade NICHT parken, dann will er vorankommen, und das bitteschön so schnell wie möglich. Rote Ampeln sind für ihn ebensowenig ein Hindernis wie Vorfahrtsregelungen, und wenn er beim Einfahren oder Abbiegen den gesamten Verkehr in der bevorrechtigten Straße zum Erliegen bringt, ist ihm das auch gleichgültig: Hauptsache, er selbst hat die entscheidenden Wagenlänge Vorsprung gewonnen, mit der er selbst jetzt minutenlang die Kreuzung blockiert, bis sich der Rückstau in seiner eigenen Fahrtrichtung wieder abbauen kann.

Wenn man einen solchen eiligen Tunesier jetzt jedoch über Gebühr aufhält (und seine Geduldsspanne ist noch wesentlich geringer als der Abstand, den er im Stoßverkehr einzuhalten pflegt), dann äußert dieser darüber auch tatkräftig seinen Unmut: wenn man also aus irgendwelchen 'europäischen' Gründen meint, nicht in eine Kreuzung einfahren zu können (sei es, weil sich noch bevorrechtigter Querverkehr nähert, weil ein LKW vollständig die Sicht blockiert, oder auch, weil sich in der beabsichtigten Fahrtrichtung ein Rückstau gebildet hat, und man selbst beim Einfahren in die Kreuzung den gesamten Verkehr zum Erliegen bringen würde - also alles keine Gründe, die einen Tunesier vom Einfahren abhalten würden), dann wird nicht nur gehupt und geschimpft, nein, gelegentlich wird man auch mit leeren Getränkeflaschen beworfen (die glücklicherweise meist aus Kunststoff bestehen und somit kaum bleibende Schäden auf dem getroffenen Fahrzeug zurücklassen können).



So, und wer nun denkt: "ok, damit kann ich umgehen, das ist alles nicht so wild", dann kommen SIE!

Die Krawallmaschinen: Mofas, Mopeds, Roller und Motorräder!

Eines ist ihnen allen gemein: sie sind noch um ein Vielfaches gefährlicher als jeder aufgeputschte Pariser Taxifahrer!

Sie sind überall, doch unsichtbar - nur das Röhren ihrer zerschundenen und um jeglichen überflüssigen Ballast (wie etwa Auspuffanlagen) erleichterten Vehikel ist allgegenwärtig.

Erst wenn es eigentlich schon zu spät ist, wird man ihrer gewahr: sie schießen aus Seitenstraßen heraus, fahren unvermittelt vom Bordstein herunter auf die Straße, kommen einem in einem Kreisverkehr entgegen oder fahren mittig zwischen den Fahrbahnen oder sogar entgegen der Fahrtrichtung in Fahrbahnmitte.

All das wird noch gesteigert dadurch, daß die allerwenigsten dieser Höllenmaschinen über eine funktionierende Beleuchtung verfügen: meist leuchtet an diesen rollenden Zombies noch nicht einmal mehr irgendein Kontrollämpchen.

Wer jetzt denkt, diese Dinger wären nur tagsüber unterwegs, der irrt: ein solches Suizidmobil kann einen auch des Nachts auf den traditionell unbeleuchteten Straßen begegnen, ebenso wie die allgegenwärtigen selbstgebauten Eselskarren, die - offenbar ebenfalls traditionell - über keinerlei Beleuchtung oder auch nur Reflektoren verfügen.



Wahnsinn!



...

(Teil 3 folgt)
Wer ist eigentlich 'General Failure', und warum liest er meine Festplatte?

Ein erster Bericht aus Tunesien - Teil 3 15 Jahre 5 Monate her #102504

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...

(der letzte Teil)





Um das jetzt ein wenig zu relativieren, muß ich trotz allem zugeben: Michael ist in dieser Zeit in Tunesien mit dem W124 mehr als 2.000 km gefahren, und der Wagen hat in dieser Zeit tatsächlich nicht die kleinste Schramme abbekommen - aber ich kann bis heute nicht begreifen, wie er das geschafft haben mag.

Ich selbst habe die ganze Zeit auf dem Beifahrersitz gesessen und unablässig vor Angst gezittert - offenbar bin ich zu sehr Europäer, um mich diesen Gegebenheiten hier anpassen zu können.

All dies hat mich aber immerhin sehr schnell zu der Überzeugung gelangen lassen:

Würde ICH hier jemals selbst ein Auto fahren wollen? Nein, ganz sicher nicht!

Oder gar den meinen eigenen Wagen hierherholen??? NIEMALS!





Doch nun noch ein paar Worte zu dem Land an sich:

es ist großenteils furchtbar arm, das sieht man überall abseits der Tourismuszentren.

Es ist so arm, daß man wirklich Mitleid mit den Bewohnern bekommen möchte - aber das legt sich oftmals auch ebenso schnell wieder: wenn man nämlich gerade mal wieder erkennen muß, daß irgendein Tunesier einen zu betrügen versucht.

Das passiert nämlich oft und gern: sei es ein Händler am Marktstand im Souk, der für den dummen Touristen mal eben die ausgewiesenen Kilopreise in Halbkilopreise umdeutet, sei es ein Kellner in einem Cafe, der für ein Glas grünen Tees statt der von Einheimischen kassierten 300 Millim den "Touristenpreis" von 1,500 Dinar, also glatt dem Fünffachen verlangt, oder auch der Mofafahrer, der sich hilfsbereit gibt und einen zu einem freien Parkplatz geleiten will, hinterher aber Bargeld verlangt für seine Dienste als "Reiseführer".



Das Land ist aber leider auch entsetzlich schmutzig, denn der typische Tunesier denkt niemals weiter als bis zu seiner Haustür, und so kommt es, daß jedweder Abfall exakt dort fallengelassen wird, wo er gerade entsteht.

Die Zigarettenschachtel fällt in dem Moment zu Boden, in dem die letzte Zigarette herausgenommen wird, die Plastikflasche wird augenblicklich der Natur anvertraut, sobald der letzte Schluck daraus getrunken wurde, und so geht es mit ausnahmslos jedem Müll.

Jedes freie Grundstück, jedes Stück Brachland gleicht demzufolge einer Müllkippe, alle Straßen sind gesäumt von einer endlosen mehrere Meter breiten Spur von Plastikmüll, und selbst die wirklich atemberaubend schönen Landschaften im Süden des Landes zur Wüste hin sind übersät und verschandelt durch Berge von Unrat.

Und in diesem Zusammenhang konnte ich auch ein Musterbeispiel tunesischer Denkweise beobachten: ich saß vor einem Supermarkt und sah einer Angestellten dabei zu, wie sie den Gehweg vor dem Laden gefegt hat. Es herrschte mittelstarker Wind, und der Gehweg war übersät mit Plastiktüten, Papierfetzen und ähnlichem Unrat.

Die Frau nun schob mit ihrem Besen all diesen Müll immer wieder in Richtung Rinnstein, während der Wind den Unrat ständig wieder auf den Gehweg zurücktrieb. Das hat sie jedoch nicht angefochten oder dazu veranlaßt, ihre Methode zu überdenken, sie schob den Müll einfach immer wieder zurück auf die Straße, bis er sich einen Augenblick lang am Bordstein verfangen hatte. Damit war er für sie offenbar 'weg', und sie nahm zufrieden ihren Besen und kehrte in den Laden zurück.

Die nächste Windbö griff denselben Müll im nächsten Augenblick zwar wieder auf und wehte ihn zurück auf den Gehweg, aber das war ihr wohl egal: sie hatte 'den Gehweg gefegt', und nur darauf kam es offensichtlich an.



Sehr seltsam ...





***********



Mein persönliches Fazit:

ich bereue nicht, diese Tour mitgefahren zu sein.

Ich habe dort sehr nette und gastfreundliche Menschen kennengelernt, jedoch auch solche, auf deren Bekanntschaft ich im Nachhinein durchaus hätte verzichten können.

Ich habe auch gelernt, mich meinem Schicksal zu ergeben und die Augen zuzumachen, wenn ich durch den Stadtverkehr chauffiert werde - so kann ich das drohende Unheil wenigstens nicht kommen sehen.





Aber auch Michael hat schließlich eingesehen: die Idee, eine geführte Oldtimertour mit mehreren Fahrzeugen durchzuführen, ist zwar verlockend, aber praktisch nicht durchführbar.

Das ist zwar einerseits wirklich schade, weil ich die Wüstenroute schon EXTREM interessant und verlockend fand, aber andererseits muß man einsehen, daß der Verkehr in den Städten und auch auf den Landstraßen im Norden des Landes eine solche Rundfahrt schlichtweg unmöglich machen.



Schade, schade ... [img]./traurig.gif[/img]

... aber nicht zu ändern.





Bilder habe ich gemacht, und ein paar davon werde ich auch in baldiger Bälde hier einstellen - im Moment weiß ich nur noch nicht so recht, wo mir eigentlich der Kopf steht.





Schönen Gruß,

Robert

(dem immer noch warm ist)

Wer ist eigentlich 'General Failure', und warum liest er meine Festplatte?

Kommt mir irgendwie... 15 Jahre 5 Monate her #102506

  • Jorge
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...bekannt vor...



Moins Robert,



Tunis ist nicht das geringste Übel. Erst kommt Mexiko, dann Athen und dann irgendwann Tunis.



Traurig aber wahr, wer jemals dort Unfallfrei gefahren ist, der kann fahren, das könnt Ihr mir glauben.



Auf der anderen Seite, muss man das wieder so sehen, die Strassenverhältnisse hier in Europa sind ja nicht schlecht, warum also in die Ferne schweifen...





Gruß

Jorge



Der bereits mit 8 (acht!) Jahren seinen ersten Verkehrsunfall in, na wo?, genau! in Mexiko City hatte...



Arriba! [img]./zwinkern.gif[/img]

Re: Ein erster Bericht aus Tunesien - Teil 3 15 Jahre 5 Monate her #102507

  • Mr JAJA
  • Mr JAJAs Avatar
Also erstmal Willkommen Zuhause.

Dem Bericht nach seid Ihr Ja rueckwaerzgefahren worden. Das ist hier in der USA genau so, nur das Chaos bleibt aus. Wenn man eine zugrosse luecke laesst ist der naecht gleich vor Deiner Nase und du baust wieder Deine Sicherheitsabstand auf.



Das mit dem Gruppe fahren in dem Verkehr kann wohl jeder nachvollziehen.



Die Armut und der Dreck. Ist in jedem Suedlichen Land schlimm. Wir gehen viel nach Mexico (BAJA) und dort ist es genau so. Frueher als wir noch in Deutschland waren haben wir die selbe erfahrung in Jugoslavien, Griechenland, Spanien und Portugal gemacht.



Wir Deutschen sind zu Genau.



Aber solange Ihr alle wieder heile angekommen sind, nicht ueberfallen und ausgeraubt wurden ist doch alles gut.



Das hat mich damals von meinem Maroco, Tunesientrip in einem der ersten VW Sycro Buse abgehalten.





Mr.JAJA der auch gerne was erlebt aber immer mehr auf Nummer sicher geht.





Unser naechster Trip hier ist: www.healeysreturntobonneville.com/



[img]./grins.gif[/img] 100 deg Fahrenheitund mehr

Re: Ein erster Bericht aus Tunesien - Teil 3 15 Jahre 5 Monate her #102510

  • Mercedes Bernardo
  • Mercedes Bernardos Avatar
Hallo Robert



Musste bei deinem Bericht hier doch sehr schmunzeln, auch wenn die Bilanz negativ ausfaellt.



Da ich mich selbst gerade im Urlaub befinde (Tour von Zuerich bis nach Suedportugal mit dem 280SL R107) denke ich gerade und sehr spontan ueber eine alternative Tour nach. Ich mache fleissig Bilder und sende dir demnaechst was als Anregung.

Strassen gibt es auf diesem Weg jedenfalls traumhafte - leere, heisse, staubige, bergige, schnelle, einsame und rennmaessige. Und interessante Orte gibt es ebenfalls.



In diesem Sinne

Gruesse

Paul
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