Geschrieben von Ulrich am 13. Dezember 2002 07:33:50:
Als Antwort auf: Re: Ersatzreifenformate statt 185/80/14 ? geschrieben von D. Zent am 13. Dezember 2002 02:03:11:
Die Hinterachse vom W108 ist nicht spurkonstant, oder um es für Laien auszudrücken, der Winkel in dem das Rad zur Karosserie steht verändert sich je nach dem wie stark das Fahrzeug gerade ein- oder ausfedert. Schau Dir mal einen W108 oder W111 mit defekten Nivomat an, dan wirst Du sehen wir schräg das Rad ist. Wenn Du nun einen breiten Niederquerschnittreifen montiert hast und Dein Fahrwerk ist in Ordnung liegt der breite Reifen schön satt auf der Fahrbahn auf. Dann kommt die nächste Kurve (in den Bergen etwas früher und bei uns im flachen Münsterland eben etwas später) und weil Du meinst das Du so tolle Reifen montiert hast fährst Du die Kurve etwas flotter. Durch die Seitenneigung stehen beide Räder nun nicht mehr im optimalen Winkel von annähernd 90° zur Straße, sondern deutlich schräger und damit läuft der Reifen dann nicht mehr mit der vollen Lauffläche, sondern nur noch auf der Kante. Und dann springt Dir ein Reh, ein Radfahrer oder sonstwas auf die Straße und Du machst ein Vollbremsung. Das Auto federt hinten noch weiter aus, die Räder stehen noch schräger und von dem modernen Profil Deines ach so tollen Niederquerschnittsbreitreifen steht Dir nur noch ein Bruchteil zur Verfügung, weil der Reifen nämlich komplett auf der Kante läuft. Dieses verbleibende Bißchen an Reifenhaftfläche ist niemals in der Lage die auftretenden Flieh und Bremskräfte zu übertragen und Du machst einen tollen Abflug. Die Eingelenkpendelachse ist für Diagonalreifen entwickelt worden, das war damals der Stand der Technik. Der Diagonalreifen hat einen fast runden Querschnitt und paßt sich daher der Sturzveränderung an. Die anderen, heute noch empfehlenswerten Reifen haben ziemlich hohe Reifenflanken und können sich deshalb der Sturzveränderung relativ gut anpassen, aber das geht bei der kleinen Reifenflanke eines Niederquerschnittreifen nunmal nicht.
Ob der TÜV die Reifen einträgt oder nicht ist dabei relativ egal, den jeder der schon mal mit dem TÜV über gewisse Eintragungen diskutiert hat weiß welche Idioten da teilweise rumlaufen. Ein Hersteller oder Möchtegerntuner hat es irgendwie geschafft ein Gutachten zu erstellen und die Prüfer verlassen sich lieber auf dieses Blatt Papier mit Stempel als auf ihren eigenen Verstand (was teilweise sogar besser ist).
Und was bei unseren Politikern legal oder illegal ist sagt noch lange nichts darüber aus ob etwas sinnvoll ist oder nicht.
Der 6.8 von AMG basierte auf dem W109 und der hat nunmal eine Luftfederung die das Fahrzeugniveau und damit den Sturz weitestgehend konstant hält. Außerdem wurden solche Autos von Rennfahrern gefahren die ein Auto im Grenzbereich beherschen und nicht von Alltagsfahrern wie unsereind, der höchsten mal auf Glatteis bis zum Grenzbereich kommt.
Komm doch zu unserem Luftfederworkshop. So wie ich Michael Brockhoff einschätze wird er da einiges wissenswertes zu Achsen und Fahrwerken erzählen.
Gruß
Ulrich