Geschrieben von Bodo 200 D
am 28. Januar 2005 17:45:33:
Als Antwort auf: Preise für W108er, Autos aus Ludwigsburg geschrieben von benztown1976 am 28. Januar 2005 16:21:58:
Hallo Jan und andere,
nun muss ich mich doch mal einklinken zum Thema "Preis" beim Oldtimer, und bitte seht es mir bisschen nach, wenn ich klar meine Meinung sage. Vielleicht kann ich ja mal eine Grundsatzdiskussion anschieben, denn das regt mich schon lange (nicht mehr) auf...
Es ist einfach der Gedankenansatz nicht auszurotten, einen Oldtimer vom Preis zu bestimmen, und dann erst nach der Qualität zu guggen, das funktioniert einfach nicht, ganz egal, ob es um Kauf oder Verkauf geht. Die "Schnäppchen-Mentalität" ist da völlig fehl am Platze, denn wenn es überhaupt (Preis-)"Schnäppchen" gibt, dann kann man die nicht finden (dann ist es nämlich schon kein Schnäppchen mehr), sondern sie laufen einem irgendwann von ganz alleine. zu. Aber das nur nebenbei.
Mercedes-Benz-Fahrzeuge von vor 1985 werden nicht beim Metzger in Scheiben vom Stück geschnitten, wo's Kilo beim Tengelmann fünf fuffzig, bei minimal aber (heute im Angebot, wie geil!) vier neunzisch kostet.
Jeder Oldtimer hat notwendig die Eigenschaft eines Unikates, egal ob Pebble-Beach-Concoursette oder das Brennessel-Hühnerstall-Wespennest-Wrack hinter Huberbauer's Scheune.
Nein, im Ernst: Ich habe mich im Anfangsstadium meiner Multiplen Olddaimlerose auch superschlau gefühlt, wenn ich glaubte, ganz brav den Preisvergleich gemacht zu haben. Doch jedesmal hat sich herausgestellt: Shit, wenn'de doch gewartet hättest, dann hätt'ste jetzt den, den oder den, oder den mit Schiebedach, oder den mit Automatik, oder den in der viel schöneren Farbe haben können. Ich wusste nicht, was ich wollte! Immer wurden mir nämlich nach dem Kauf, also beim Besitzen und Fahren, das Auto IN SEINEN Eigenschaften wichtiger als die Zahl auf'm Scheck. ES wurde mir auch MIT jedem Auto immer wichtger. Ergebnis: NIE war ich so richtig zufrieden, ich hatte immer das Gefühl, ok, Hunni gespart, Mords-Mühe gemacht beim Übereinanderbringen von fixem Geldbetrag und maximaler Qualtität. Des Stückes letzter Akt: Ich hab restauriert, und über diesen Preis braucht man überhaupt nicht zu diskutieren. Aaaaber ich hab jetzt exakt "mein" Auto, so, wie ich es wollte. Hab noch keinen zweiten gesehen (bei denen, wo's Blech wunschgemäß ist, gefällt mir die Farbe nicht, oder die Innenaustattung ist hinüber, und bei denen, die 'ne subber Fabb haben und noch ein Schiebedach, hab ich 'nen Motor, der einfach nimmie anspringt usw.)
Heute denke ich also anders, und ich würde das auch Novizen empfehlen: ERST fixe Warenkriterien bestimmen, DANN erst gucken, was in die Richtung angeboten wird, DANN mit dem konkreten Anbieter über den Preis verhandeln. DANN hat man auch den Wert, den man wollte, und er passt IMMER, meine Erfahrung.
Fixe Warenkriterien bestimmen heißt: Absolute Klarheit haben über Modell, Motorisierung, Ausstattung, Zustand, sich Fachkenntnisse aneignen, soweit möglich oder eben einen Experten des Vertrauens zu Rate ziehen, wenn's konkret wird. NICHT an den Preis denken, sondern genau das Auto suchen (mit Geduld), das man haben möchte. Und glaubt mir: Dann stellt sich fast automatisch der günstigste Preis ein!
Im "Ponton Kurier", der Clubzeitschrift der MBIG, schreibt Martin Röder relativ regelmäßig seine "Fleischbeschau", heißt, er rennt mit Diktiergerät über die einschlägigen Märkte und urteilt über das Angebot IN BEZUG auf den geforderten Preis. Völlig vergiftete Denke und falscher Ansatz für Leute, die bereit sind, sich mit der Materie und dem Hobby richtig auseinanderzusetzen! Aus den entsprechenden Artikeln (ICH les das einfach nicht mehr, der eine oder andere hier wird sie sicher kennen) strahlt dann immer eine gewisse super-oberschlaue Arroganz gegenüber den Anbietern heraus. Mit welchem Recht eigentlich? NIEMAND muss einen Sechsthand-350 SE mit Buchalteraustattung und Rostfraß an allen Ecken und Enden für 8299 Euro kaufen, niemand MUSS. Der Mann kann auch 20000 Euro verlangen, und wer sích dann drüber aufregt, zeigt nur, dass er das kapitalistisch-marktwirtschaftliche System noch immer nicht begriffen hat. Ich weiß natürlich auch, dass sich auf jedem Markt Preise bilden durch Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage. Doch Oldtimer sind einzigartige Luxusgüter im besten Sinne, gar nicht vergleichbar, und nach Thorstein Veblen steigt die Nachfrage mit sogar mit dem Preis! NICHT der ominöse Feldweg-Anbieter aus Ludwigsburg (kenne ihn auch nicht) macht die Kohle, weil er Leute über's Ohr haut, (im Gegenteil, wird wahrscheinlich 'ne ganz arme Sau sein), nein, Leute wie THIESEN oder A.Schütte oder Wunscholdtimer.de machen die fetteste Kohle, weil sie das wirklich Begehrte zu maximalem Preis anbieten. Nichts ist erotischer, als einzigartige Leistung zu maximalem Preis. Harald Schmidt "kostet" nicht 9 Millionen, nein, man zahlt es ihm. Und es ist gut so.
Wie gesagt: Ausnahmslos jeder alte Benz ist ein Unikat. Wenn ich weiß, was ich will und was ich nicht will, weiß ich auch, was ich bereit bin zu zahlen. Wenn ich frage, "der 108er kostet xy, ist das in Ordung", dann hab ich schon verloren, weil ich mich selbst betrüge und immer mit dem Gefühl einsteige, hmmm, vielleicht hat der mich ja doch über's Ohr gehauen.
Natürlich ist es aber auch legitim, z.B. bei der Vielzahl der verschiedenen 108er, die angeboten werden (wieviele werden es jetzt in der Sekunde in Deutschland sein, die zugänglich sind: vielleicht zwei, drei Dutzend maximal), den groben aktuellen Durchschnittspreis zu kennen, aber er hilft bei einem konkreten Auto schlicht nichts. Bei Neuwagen ist es ganz anders, hier geht es NUR über den Preis, denn die Autos sind austauschbar.
So, das musste raus. Ist es nicht besser, mit dem Gefühl in seinen Mercedes einzusteigen: "Wow, DAS ist präzise das, was ich wollte, und jeder Cent hat sich gelohnt!" ?
Bitte, nicht das mir einer kommt, hey, hast Du die Geldsch***e.... nein, hab ich leider nicht. Aber ich weiß, was ich will, und das ist Gold wert. Nun kann ich mir aber praktisch alles, was ich will, nicht leisten. Macht nix. Träumen macht Spaß!
Also Jan, such einen 108er genau nach den Kriterien, die Du auch bei /8 ansetzt. Wenn ein Fundtück diese erfüllt, dann verhandle, verhandle hart. Es gibt NIEMALS einen zweiten. Sie stehen nicht an jeder Ecke, schon fängt's bei 124ern an...
*Gruß
Bodo