Geschrieben von Bernd aus MA am 16. Mai 2004 18:22:29:
Hallo,
ich hatte schon im November versprochen, über die Rostschutzkur an meinem W109 einen kurzen Erfahrungsbericht zu schreiben. Voilà, die Aktion fand am letzten Donnerstag statt:
Mit der Durchführung der Behandlung habe ich Jörg Scheuss in Zülpich bei Köln beauftragt, da er das von mir favorisierte, aus Schafwolle gewonnene FluidFilm-Zeug verwendet und damit schon sattsam Erfahrung gesammelt hat. außerdem hat er mir versprochen, bei der Demontage von Türverkleidungen, Rücksitzbank usw. besonders vorsichtig zu sein, damit nichts kaputt geht. Er hat absolut Wort gehalten, alle Teile sind wieder ohne Beschädigung am alten Platz. Diese Punkte sind mir besonders aufgefallen:
1. Obwohl die werkseitige Wachskonservierung erst im 2. HJ 1970 eingeführt wurde, hat mein Expemplar (Juni 1970) bereits einige werkseitige Konservierungsbohrungen, die ältere W109er nicht haben. Es war aber keine Spur von Wachs zu sehen.
2. Jörg Scheuss musste trotzdem noch weitere ca. 8 Löcher bohren (z. B. hinterer Querträger vom Kofferraun aus, Innenschweller, Motorraum usw.), um wirklich alle Hohlräume zugänglich zu machen.
3. Das Entfernen aller relevanten Verkleidungen und Leisten sowie das Bohren der Zugänge hat die meiste Zeit verschlungen: ca. 6 Stunden.
4. Auf den ersten, zweiten und dritten Blick ist mein Exemplar vollkommen rostfrei. Nach der Demontage der relevanten Teile fiel uns dann doch einiger Gammel auf: a) Flugrost im Innern der Innenschweller (Zugang über selbstgebohrte Löcher unter dem Teppichboden). b) Der Lüftungskasten zwischen Innen- und Motorraum sah gar nicht gut aus. Die Dichtmasse an den Schweißnähten war in den Jahren porös geworden, Wasser drang ein und hat Rostnester gebildet. Allerdings waren noch keine ernsten Schäden entstanden. Wir haben die Rostnester abgekratzt, abgesaugt und Fluid Film Gel drübergestrichen.
5. Auch der Blick hinter die Schottbleche der Vorderkotflügel hat gelohnt: Hier sammelt sich Dreck und Feuchtigkeit. Das gibt so manchem Kotflügel den Rest.
6. Statt Fluid Film A haben wir eine dickere Variante verarbeitet, die allerdings zuvor erhitzt werden muss, um für die Verarbeitung mit Druckpistole und Hohlraumsonde die richtige Konsistenz zu haben.
7. Die ganze Aktion hat trotz meiner Mithilfe 10 Stunden (!) gedauert und war entsprechend kostenintensiv (345 + MWSt.). Aber anders geht's wohl nicht, wenn man nicht willkürlich irgendwelche potentiellen Rostnester auslassen will. Was nützt eine schön konservierte Tür, wenn der Innenschweller verfault? Oder was habe ich von einem gut geschützten Außenschweller, wenn der Lüftungskasten löchrig wird? Außerdem gilt auch gerade für die empfindlichen Türverkleidungen (Leder, Holz, Metallzierleisten): Gut Ding hat Weile. Wer das Zeug im Rekordtempo rausreißt, damit's schnell geht, der kann die Teile gleich in die Tonne treten. Gerade bei einer sehr schönen, gut erhaltenen Innenausstattung empfehle ich, jemanden mit ins Boot zu holen, der das schon mal gemacht hat.
Jetzt fahre ich mit einem richtig guten Gefühl und einer leichten Brise von Hammelbraten und Schafstall in den Oldtimerfrühling.
Rostige Grüße aus dem Lüftungskasten
Bernd
