THEMA: Anfänger: W111 220s kaufen - 0 Ahnung, 100% Faszination, 8.000€

So ihr Guten, heute habe ich das gute Stück zum ersten Mal Live betrachten und fahren können.
Kurze Zusammenfassung: steht sehr gepflegt da, Lack schön, Innenraum schön, Holz noch gut, Schalter funktionieren alle, startet gut, Spaltmaße passen, Motor und Gertriebe ölen nicht, Motor sieht richtig fit aus.
Jetzt das ABER: meine größte Sorge gilt tatsächlich dem Unterboden. Der ist komplett mit einer schwarzen Masse zugekleistert, fühlt sich gummiartig an (siehe Bilder). Der Verkäufer hat das tatsächlich erst letzte Woche machen lassen weil der "Lack abgeblättert ist und er es wieder schön bzw. ansehnlich" herrichten wollte. Naja. Das eigentliche Problem das ich sehe ist, dass, wenn man die Teppiche vom Boden wegnimmt, der ganze Unterboden mir verdächtig scheint. Teilweise geflickt, teilweise Papp-Geräusch beim abklopfen.
Jetzt weiß ich nicht, wie schlimm das eigentlich ist. Ich meine, wir reden hier immer noch über ein Auto, das definitiv gefahren werden und als Anfänger-Oldtimer dienen soll. Natürlich will aber aber auch keinen Mist kaufen.

Ich poste noch ein paar Bilder, dann könnt ihr euch besser vorstellen was ich meine.
Morgen treffe ich mich nohcmla mit dem Besitzer um den Wagen auf die Hebebühne zu heben und mal ein bisschen rumzustochern.

Liebe Grüße,
Andi

Bilder in Reihenfolge:
- Schweller vorne abgedichtet, seit ca 5 Tagen (angeblich)
- Schweller hinten, gleiches Spiel
- vier Bilder von den C-Säulen, Kofferraumscharniermulden und den Schläuchen. Der Rost sah für mich eher oberflächlich aus

Rest der Bilder hier

- Kofferraum
- Türen, auch mit Rost am unteren Rand
- Die letzten drei Bilder: Der Unterboden unter den Teppichen im Fahrgastraum. Das macht mir persönlich am meisten Sorge.

Moin Moin !

Der Zustand ist wirklich zwiespältig.
Die Ablaufmulden für die Kofferraumscharniere würde ich nicht überbewerten. Allerdings habe ich da immer die Schläuche verlängert ( d.h. längere Schläuche verwendet ) und zusammen mit den hinteren Ablaufschläuchen vom Schiebedach (dazu muss der Himmel raus) durch die Reserveradmulden nach draussen geführt. Dazu noch die Zwangsentlüftung in der C-Säule verschlossen. Durch diese 3 Wasserzuführungen gelangt das Wasser in den hinteren Radkasten (original ist da ein Ablaufloch mit einem Plastiklabyrinthstopfen) , das hat nie funktioniert, als Folge gelangt das Wasser in den hinteren Radlauf und von da in den Schweller.
Rost am Boden ist völlig normal , dafür gibt es sicherlich Schweisskünstler , die wesentlich billiger arbeiten als hierzulande.
Was mir aber richtig zu denken gibt, ist das Bild vom Kofferraum , da sollte vorne ein fetter Querträger zu sehen sein , in welchem sich mittig die zentrale Lagerung der HA in einem Silentlager befindet. Das Lager ist durch einen Plastikdeckel abgedeckt , dessen Umrisse sich schemenhaft abzeichnen. Irgendwie sieht das so aus , als wäre der gesamte Bereich grossflächig durch eine Art Matte abgedeckt und übergesprüht worden. Nur ist dieser Bereich nach meiner Erfahrung überhaupt nicht rostgefährdet!
Nebenbei sind Weisswandringe hier aus gutem Grund verboten!

Zur VA: Rechne mit mindestens 2000 E nur für die Teile , dann brauchst du noch jemanden , der weiss wie man die Repariert!
Selten ist auch das Zentrallager der HA ausgeschlagen , wenn hier nicht öfter die Fettpresse bemüht wurde. Die Rep. ist von den Teilen her wesentlich billiger , aber vom Arbeitsaufwand ähnlich wie bei der VA , sprich 1-2 Tage.

Du schreibst , das Fzg soll noch einmal auf eine Bühne. Achte darauf , dass die vorderen Bremsschläuche bei freien Rädern völlig locker sind , ansonsten ist die Lagerung der VA ausgerissen ! Kann man auch vom Motorraum aus sehen , auf den Längsträgern links und rechts sind etwa mittig ovale Vertiefungen von etwa 15 cm Durchmesser ( origlnal durch einen Plastikdeckel abgedeckt) , darunter befindet sich die Verschraubung der VA-Aufnahme bzw. das Silentlager. Die Mutter in der Mitte sitzt an der Achse , mit den 4 Schraubenköpfen wird das Silentlager am Rahmen befestigt.Wenn das Fzg jetzt angehoben wird , darf die Mutter nicht allzuweit "verschwinden" , mögicherweise sieht man sogar , dass das Silentlager völlig abgerissen ist. Bei der Gummilagerung, wie sie bei den 4-Zyl. verwendet wird, geht hier nichts kaputt. ist auch für mich unverständlich , warum die rauheren 4-Zyl. ( Diesel !! ) hier starrer gelagert sind als die von Haus aus weicher laufenden 6-Zyl.

MfG Volker

Nachtrag zu den Schwellerenden:

Da hat dicker Pfusch gewütet ! positiv ist , das die originale Falz in der Mitte des Abschlussbleches zu sehen ist , so sah das wirklich original aus.
Absolut negativ jedoch die Verkleisterung des Schottbleches! Dieses schliesst zwischen Schwellerende , Kotflügel und A-Säule sowie einem Stehblech zum Innenraum (,welches gerne unten durchrostet ) einen Hohlraum ein und dichtet zum Kotflügel mit einem Profilgummi ab , ist aber im Übrigen nur mit wenigen Blechschrauben befestigt und schon gar nicht am Schwellerende abgedichtet! Es kommt sowieso immer etwas Dreck durch und sammelt sich dahinter, wer etwas Gutes tun will , nimmt das Schottblech von Zeit zu Zeit raus und reinigt den Bereich dahinter. Gerne gammelt nämlich dahinter die Oberseite des Schwellers durch sowie das Stehblech zum Innenraum.

MfG Volker

Hi Volker,

wow, vielen Dank für deine Mühe und die genaue Bewertung von den Bildern!
Zum Kofferraum: ja, da liegt eine Matte drüber. Ich werde heute nochmal einen Blick darunter werfen und ein Bild machen um zu sehen, was sich genau dahinter verbirgt.

Zur Achse: ich habe deinen Tipp befolgt und kräftig oben an den Vorderrädern gezerrt (wie von dir beschrieben). Auf mich hat es nicht den Eindruck gemacht, als würde eines der Räder oben nach außen klappen bzw. sich nach außen neigen. Problem ist aber natürlich, dass ich wirklich keinen guten Vergleich habe.
Bei der ersten (kurzen) Probefahrt habe ich ein Quietschen von Seite der VA gehört, beim Einfedern und so. Quietschen, kein klackern oder rumpeln. Heute mache ich die lange Probefahrt, dann auch mit Hebebühne. Mal sehen was ich dabei noch so feststelle.

Das mit dem Pfusch und der Versiegelung ärgert mich richtig, v. a. weil ich nicht weiß wie es unter dieser "neuen" Schicht aussieht. Vllt. kann ich da heute noch ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Wenn es nur diese neue Versiegelung ist, die gerade ein paar Tage aufgetragen ist, sehe ich es nicht so schlimm (dann kann ja noch nicht so viel Wassen eingeschlossen sein und der Salat lässt sich ja auch wieder abstrahlen). Sollte darunter aber eine ältere Schicht sein, dann sehe ich es sehr sehr kritisch.

Ich mache wieder Fotos und poste sie wieder heute Abend (hiesige Zeit).
Volker, ich danke dir wirklich ganz herzlich für deine Hilfe!!
MfG
Andi

So, hier mein finaler Beitrag mit den Fotos von heute.

Der Stand ist der: alle bzw. die meisten neuralgischen Stellen der Kaufbeschreibung und die Tipps von euch, vor allem von Volker, habe ich sprichwörtlich abgeklopft. Klar: innerhalb von 3 Tagen ist aus mir kein Mechaniker geworden. Trotzdem: nachdem ich heute noch einmal lange (30min) unter dem Auto war und keine Schweißnähte, verzogenen Rahmen oder tropfende Getriebe gesehen habe, traue ich mir zu, zu sagen, dass dieses Auto wohl kein absoluter Reinfall ist (Beurteilung auf Basis von Grundwissen über Autos generell, nicht über W111 speziell). Klar, die Pflege hier kann man in keiner Weise mit Deutschland bzw. einem "echten" Sammler vergleichen, aber für hiesige Verhältnisse ist es schon ein gutes Level an Pflege.

Welche Zweifel habe ich noch?
1) Diese beschi****** blöde schwarze Dichtmasse, die der Typ auf den Unterboden gespritzt hat, ist ein echter Mist. Das erste, was ich bei der Verhandlung einpreisen werde, ist, dieses Zeug wieder abzuschmirgeln oder wegzusandstrahlen oder was auch immer.
2) VA: keine Ahnung; für mich als Laie macht sie beim "Rückfall-Test" einen guten Eindruck, aber ich hab zu wenig Vergleich. Auf jeden Fall hängt sie schon einmal nicht an den Bremsschläuchen. Juhu.
3) Beim Einfedern quietscht die vordere Aufhängung manchmal. Für mich sind das die Stoßdämpfer, aber sicher bin ich mir nicht.

Was spricht für den Kauf?
1) Innenraum: phänomenal gut, Holz mit Patina, alle Schalter (außer die Uhr) funktionieren.
2) Bis 2008 bei MB Bogota scheckheftgepfelgt
3) Motor sieht spitze aus
4) Meiner Beurteilung nach sehr viel original

Naja, morgen verhandle ich den endgültigen Preis, so 500€ sollte ich ca abkratzen können, schätze ich, hoffe ich.

Ich schicke Grüße nach Deutschland und sage noch einmal danke euch allen, die mir hier geholfen haben! Danke Flössling für die gute Kaufberatung und danke dir, Volker, für die unglaublich wichtigen Insider-Tipps!

Andi